Friday 5 March 2010

Konzept der harmonischen thermischen Leitwerte

Das Konzept der harmonischen thermischen Leitwerte wird verwendet, um die in den Bauteilen eines Gebäudes mehrdimensional ablaufenden Wärmeleitungsvorgänge unter Berücksichtigung der Wärmespeicherung zu beschreiben. Der Entwurf eines thermischen Netzwerkes führt auf ein leicht überschaubares Konzept für mehrdimensional arbeitende Programme zur Simulation des thermischen Verhaltens von Gebäuden.

Die Bedeutung dieses Konzeptes läßt sich leichter fassen, wenn die Gesamtheit der Innen- und Außenräume als thermisches Netzwerk interpretiert wird.
Das Konzept der thermischen Leitwerte fußt auf der Linearität der Wärmeleitungsgleichung. Diese Linearität ist nur dann gegeben, wenn angenommen wird, daß die Wärmeleitfähigkeit, die spezifische Wärmekapazität und die Massendichte aller im Gebäude vorkommender Baumaterialien konstante, von der Temperatur unabhängige Werte haben. Für die Mehrzahl der im Planungsprozeß anstehenden Fragestellungen sind diese Annahmen sicherlich zulässig.

Das Konzept der thermischen Leitwerte ist bestens geeignet, die Transmissionswärmeströme im Gebäude zu beschreiben. Aufgrund der einfachen, linearen Beziehungen ist dieses Konzept im stationären Fall sogar der Handrechnung zugänglich. Hierbei ist jedoch anzumerken, daß die thermischen Leitwerte, die unter Berücksichtigung mehrdimensional ablaufender Wärmeleitungsvorgänge zu ermitteln sind, nur mittels Einsatz eines geeigneten “Wärmebrückenprogrammes” berechnet werden können.

Grundsätzlich ist es möglich, ein Gebäude mit all´ seinen Innenräumen mit einem geeigneten Wärmebrückenprogramm zu modellieren. Ergebnis einer solchen Berechnung ist direkt die Leitwertmatrix. Derzeit ist die Modellierung und Durchrechnung eines ganzen Gebäudes nur in Ausnahmefällen unter Zugriff auf besonders leistungsfähige Wärmebrückenprogramme möglich. Im Normalfall werden die Elemente der Leitwertmatrix durch Berechnung und anschließende Summation von Teilleitwerten errechnet. Das Gebäude wird hierzu fiktiv in Teilbereiche zerlegt, für die jeweils die Matrizen der Teilleitwerte errechnet werden. Hierbei muß darauf Bedacht genommen werden, daß die fiktiven Schnittebenen in Bereiche des Gebäudes gelegt werden, für die in guter Näherung das Vorliegen eindimensionaler Wärmeleitung angenommen werden kann. In der internationalen Norm EN ISO 10211 wird diese Art der Berechnung der Leitwertmatrix “direktes Verfahren” genannt.

Das Leitwert-Konzept läßt sich auf instationäre, periodisch eingeschwungene Vorgänge verallgemeinern. Der Leitwert ist komplexwertig und wird harmonischer thermischer Leitwert genannt.
Es entsteht somit für jede Harmonische ein Gleichungssystem mit komplexwertigen Koeffizienten, dessen Lösung – je nach Fragestellung – entweder zu den komplexen Amplituden der Raumlufttemperatur oder zu den komplexen Amplituden der im Raum aufzubringenden Heiz- oder Kühlleistung führt.

Das Verwenden des periodisch eingeschwungenen Ansatzes hat den Vorteil, daß für jede zu berücksichtigende Harmonische lediglich ein Gleichungssystem aufzustellen und zu lösen ist. Da die Gleichungen zeitfrei sind, werden Fehler, wie sie bei anderen Lösungsmethoden durch zeitliche Diskretisierung entstehen, vermieden.

Eine dreidimensionale, instationäre thermische Simulation wird dann benötigt, wenn der Wärmetransport mehrdimensional abläuft und zudem zu erwarten ist, daß Wärmespeicherfähigkeitseffekte das Berechnungsergebnis maßgeblich beeinflussen werden. Die Mehrdimensionalität des Wärmeflusses durch die Bauteile eines Gebäudes ist generell gegeben; eindimensionale Wärmeleitung ist im Bauwesen eine seltene Ausnahme und nicht die Regel.

Wärmespeicherfähigkeitseffekte spielen bekanntlich bei Sommertauglichkeitsuntersuchungen eine große Rolle. Es ist daher naheliegend anzunehmen, daß die dreidimensionale thermische Simulation die Planungssicherheit in Hinblick auf das Sommerverhalten von Räumen und Gebäuden zu erhöhen geeignet ist.

Normalerweise spielen Wärmespeicherfähigkeitseffekte bei der Berechnung des Heizwärmebedarfes von Gebäuden nur eine untergeordnete Rolle. Erst wenn die Wärmespeicherfähigkeit der Bauteile des Gebäudes sehr groß wird, ist zu erwarten, daß die dreidimensional instationäre Berechnung deutlich andere Ergebnisse liefern wird als die übliche Art der Simulation, in der Wärmebrücken lediglich über die Einführung stationärer Korrekturfaktoren berücksichtigt werden. Beispiele, für die eine dreidimensionale instationäre Modellierung notwendig sein wird, sind Altbauten mit sehr dicken, massiven Mauern, Kirchen, Schutzbauten, etc. . Eine dreidimensional instationäre Modellierung ist zudem generell bei Fragestellungen angezeigt, bei denen der Wärmedurchgang durch den Erdboden eine wesentliche Rolle spielt.

Zitiert aus "Zur dreidimensionalen Simulation des thermischen Verhaltens von Gebäuden" von Klaus Kreč - zum nachlesen auf http://antherm.eu/ unter http://hilfe.antherm.eu/Theory/TheoretischeGrundlagen.htm