Thursday 30 August 2012

Richtiges Erfassen der Wärmeverluste über erdbodenberührte Bauteile

Wenn es nicht um die Erfüllung von Norm-Vorschriften geht, sondern um ein einigermaßen richtiges Erfassen der Wärmeverluste über erdbodenberührte Bauteile, ergibt sich als Folge langjährigen, intensiven Forschungsarbeit auf diesem Gebiet folgende Conclusio:

  • Das Erfassen der Wärmeverluste über den Erdboden verlangt in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle eine dreidimensionale, instationäre Berechnung.
     
  • Zweidimensionale Berechnungen sind insofern nicht zielführend, als die aufzumultiplizierende Länge nicht bekannt ist. Das gerne gemachte Multiplizieren mit dem Perimeter oder das normgemäße Multiplizieren mit dem charakteristischen Bodenplattenmaß führt auf Fehler, die je nach vorliegender Geometrie groß sein und sowohl auf der „sicheren“ als auch auf der „unsicheren“ Seite liegen können.
     
  • Die Vernachlässigung des Wärmespeichervermögens im Zuge einer stationären Berechnung führt zu sehr großen Fehlern. Die Jahresschwankung der Wärmeverluste an den Erdboden wird bei quasistationärer Berechnung viel zu groß; damit wird auch der Verlust während der Heizsaison viel zu groß angesetzt (der Fehler liegt zwar auf der „sicheren“ Seite, ist meist aber von unsinniger Größenordnung).
Das angesprochene Thema ist eher heikel. Mann kann davon ausgehen, dass gerade auf diesem Gebiet ein Großteil der Berechnungen unverstanden durchgeführt wird und somit meist zu unbrauchbaren Ergebnissen führt.

Psi-Wert Berechnung bei bodenberührte Bauteile / Kellerdecke

Da teilweise sehr abenteuerliche Wärmebrückenberechnungen kommen, stellt sich nun die Frage, wie die normgerechte Berechnung mit AnTherm aussieht.

1.  Fußboden erdberührt: Wieviel Erdreich ist „anzuhängen“ oder ist auch zulässig einen Raum Erdreich mit gewisser Temperatur anzuhängen?

Die Modellierung bodenberührter Bauteile ist in der EN ISO 10211:2008 festgelegt. Bei zweidimensionaler Berechnung ist demnach nach innen das halbe Gebäude zu modellieren. Nach außen ist horizontal Erdreich in 2,5-facher Gebäudebreite und auch nach unten das 2,5-fache der Gebäudebreite anzusetzen. Die äußeren, vertikalen Begrenzungen des „Erdreich-Rechtecks“ sind – wie auch die untere, horizontale Begrenzung - adiabatische Schnittlinien. Diese Modellierung gilt für Wärmestrom-, bzw. Leitwert- und psi-Wert Berechnungen. Für die Berechnung von inneren Oberflächentemperaturen genügen kleinere Berechnungsmodelle – siehe EN ISO 10211:2008.

Das Vorsehen eines Raums als untere Begrenzung ist in den Normen nicht vorgesehen. Wenn man dies – bei Beibehaltung des normativ vorgeschriebenen Modells – tut,  ändert dies am Ergebnis dann nicht viel, wenn man richtig mit den Temperaturen umgeht. Im fiktiven Raum unter dem Erdboden ist die Außenlufttemperatur anzusetzen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, dass als Außenlufttemperatur für die Fälle bodenberührter Bauteile grundsätzlich der Jahresmittelwert der Außenlufttemperatur anzusetzen ist. Der gerne gemachte Fehler, tiefe Temperaturen (z. B. Jänner-Mittel) als äußere Randbedingung anzusetzen, kann zu groben Fehlinterpretationen und unsinnigen Ergebnissen führen!


2. Kellerdecke: Welche Kellerraumtemperatur ist einzugeben bzw. wie geht man bei der Psi-Wert Berechnung mit dem Abminderungsfaktor z.B. 0,7 bei der Kellerecke um?

Das Konzept der Rechnung mit psi-Werten hat zum einen den gravierenden Nachteil, unendlich vieldeutig zu sein. Zum anderen ist es nur für den 2-Raum-Fall sinnvoll anwendbar. Ist ein dritter Raum (mit 3. Innenlufttemperatur) beteiligt, würde der psi-Wert eine Funktion der Temperatur des 3. Raums (Kellerraums) sein; dies zeigt die Grenzen des psi-Wert-Konzepts klar auf. Im Fall des unbeheizten Kellerraums müsste mittels Bilanzierung über den (gesamten) Keller die Kellertemperatur errechnet werden. (Nur) in diesem Spezialfall ließe sich auch ein temperaturunabhängiger psi-Wert angeben - Vielleicht hilft eine Notiz zu diesem Problemkreis zum besseren Verständnis.

Bei den von Ihnen genannten Abminderungsfaktoren handelt es sich um die f-Faktoren der neuen B8110-6. Zu diesen kann ich nur bemerken, dass das Verwenden von f-Faktoren bestenfalls als Grobnäherung bezeichnet werden kann und tunlichst vermieden werden sollte.

Psi-Wert-Berechnungen - Außenluft, Innenraum, Erdreich - Anschluss einer Bodenplatte

Erlauben Sie eine schlagwortartige Antwort:
  1. Bei Vorliegen von 3 oder mehr verschiedenen Temperatur-Randbedingungen versagt das indirekte Verfahren der EN ISO 10211. Verwendet man dennoch psi-Werte, so werden diese temperaturabhängig. Das indirekte Verfahren ist somit nur für den 2-Raum-Fall („innen“ und „außen“) geeignet.
     
  2. Bei dem von Ihnen skizzierten Fall gibt es nur 2 Randbedingungen: die Innen- und die Außenlufttemperatur. Die Temperaturverteilung im Erdreich wird berechnet, nicht vorgegeben. Bezüglich der Modellierung bodenberührter Bauteile siehe EN ISO 10211 (es gehen somit weite Bereiche des das Gebäude umgebenden Erdreichs in das Berechnungsmodell ein).
     
  3. Zur Berechnung des psi-Werts für den Anschluss des gedämmten Paneels (Türblatts?) an die Fundamentplatte würde ich wie folgt vorgehen:

    • a) Berechnung des Modells mit Paneel; Modellierung der Fundamentplatte gemäß EN ISO 10211. Ergebnis: Leitwert zwischen innen und außen: La
       
    • b) Überdecken des Paneels inklusive Anschlussprofil (bis Fußbodenoberkante) durch eine Löschzelle und Wiederholung der Berechnung. Ergebnis: Leitwert Lb.
       
    • c) Berechnung des psi-Werts: psi = La – Lb – Up*hp, wobei Up der U-Wert des Paneels und hp die Höhe des Paneels, gemessen von der Fußbodenoberkante, ist.
Vielleicht hilft eine Notiz zum Problemkreis bodenberührter Bauteile, die vor einigen Jahren fürdie AnTherm-Homepage verfasst wurde, zum besseren Verständnis.